Kurzbeschreibung
Der Umbau der Energiewirtschaft mit steigenden Anteilen an regenerativen Energien verschärft die Notwendigkeit kompakter und leistungsfähiger Speichertechnologien. In Deutschland nimmt die Bereitstellung von Wärme über 50 % des Endenergieverbraus ein. Thermische Energiespeicher werden daher eine Schlüsselrolle zur Erreichung der deutschen und europäischen Klimaschutzziele hinsichtlich der Reduktion des fossilen Energieverbrauchs, Schonung der fossilen Energiereserven und Verringerung der CO2-Emissionen einnehmen.
Im Bereich der thermischen Energiespeicherung rücken neben der Speicherung fühlbarer Wärme physikalische und chemische Speichermechanismen in den Fokus der Wissenschaft. Der thermochemischen Energiespeicherung, bei der die Energiespeicherung auf Sorptionsprozessen oder reversiblen chemischen Reaktionen beruht, wird ein sehr großes Potential zugesprochen. Grund hierfüs sind die hohen hohen spezifische Speicherkapazitäten, der Einsatzbereich in einem großen Temperaturbereich und die sehr geringen Wärmeverluste.
Das Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderten Forschungsvorhabens "Chemische Wärmespeicherung mittels reversibler Feststoff-Gas-Reaktionen" (CWS) war es, die Potentiale der thermochemischen Energiespeicherung aufzuzeigen und durch eine zielgerichtete Verfahrensentwicklung für technische Anwendungen nutzbar zu machen.
Dazu wurde eine Forschungskooperation zwischen dem Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart und des Instituts für technische Thermodynamik (ITT) des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) geschlossen. Arbeitsschwerpunkte des Forschungsvorhabens war die Erarbeitung von verfahrenstechnische Grundlagen und die verfahrenstechnische Umsetzung eines thermochemsichen Energiespeichers. Die wissenschaftlichen und technischen Arbeitsziele auf dem Weg zur Umsetzung von chemischen Wärmespeichern waren:
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Identifizierung der optimalen Reaktionssysteme mit Reaktions-Gleichgewichtstemperaturen im Bereich 100 - 150 °C (Niedertemperatur-Reaktionssysteme) als Wärmequelle für Anwendungen unter 100 °C, z.B. Gebäudebeheizung, Antriebswärme für thermisch angetriebene Kältemaschinen, etc.
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Identifizierung der optimalen Reaktionssysteme mit Reaktions-Gleichgewichtstemperaturen im Bereich 200 - 400 °C (Hochtemperatur-Reaktionssysteme) als Wärmequelle für Anwendungen oberhalb 300 °C, z.B. industrielle Prozesswärme etc.
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Erstellung eines Simulationsmodells zur Auslegung des thermo-chemischen Speichers (Reaktors) unter Berücksichtigung von Stoff- und Wärmetransport
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Umsetzung im Labormaßstab zum Nachweis der verfahrenstechnischen Machbarkeit und Verifizierung der entwickelten Auslegungsmodelle
Ergebnisse
In dem vierjährigen Vorhaben wurde ein neuartiges Speicherverfahren für thermische Energie entwickelt, dass sich durch hohe Flexibilität und Skalierbarkeit auszeichnet. Die Verfahrensentwicklung wurde am Beispiel eines thermochemischen Energiespeichers einer solaren Kombianlage für die solare Gebäudebeheizung durchgeführt. Das entwickelte Verfahrenskonzept ist jedoch prinzipiell auf andere Heizungssysteme, zum Beispiel einem BHKW, übertragbar, da sich sowohl die Systemvarianten als auch die Anwendungsfälle nicht, oder nur geringfügig unterscheiden.
Verfahren
Das entwickelte sogenannte CWS-NT-Konzept beruht auf einer luftseitig offenen Prozessführung mit einem von der Materialbevorratung getrennten, externen Reaktor, in dem die thermische Speicherbe- und entladung stattfindet. Über den Luftstrom erfolgt die Zu- bzw. -abfuhr der Reaktionswärme und des für die Reaktion benötigten Wasserdampfs. Das entwickelte Verfahren setzt neue Maßstäbe bezüglich der erreichten Effizienz für die Langzeitwärmespeicherung von regenerativen Energien. Mit derzeitigen Speichermaterialien können Energiespeicherdichten realisiert werden, die ca. drei bis viermal höher sind als die konventioneller Warmwasserspeicher für diesen Anwendungszweck. Wärmeverluste treten nur während der Be- und Entladung des Speichers auf und sind damit unabhängig von der Dauer der Speicherung. Dies ist neben der höheren Speicherdichte in Hinblick auf eine effiziente Langzeitspeicherung ein entscheidender Vorteil gegenüber der Speicherung fühlbarer Wärme, die stets verlustbehaftet ist.
Material
Die Materialuntersuchungen konzentrierten sich hauptsächlich auf Hydratationsreaktionen verschiedener Salze. Durch theoretische Berechnungen und in experimentellen Untersuchungen wurden die theoretisch erreichbaren und tatsächlich messbaren Speicherdichten ermittelt. Exemplarisch wurden die Untersuchungen an den Salzen Magnesiumsulfat und Calciumchlorid aufgezeigt. Aufgrund der geringen Reaktionsgeschwindigkeiten der Salze sowie Probleme mit Agglomeration und hydrothermaler Stabilität wurden weitere Untersuchungen an in Trägermaterialien eingebrachten Salze (Komposite) durchgeführt. Die Verwendung von Mischungen aus Salzen und speziellen Trägerstrukturen (z. B. Zeolith oder Tonmineral) ermöglicht es, die Reaktionsgeschwindigkeit und damit die Wärmefreisetzung zu erhöhen. Dabei gibt die Trägerstruktur die Größe, Festigkeit und Form des Partikels vor und ermöglicht so eine gute Durchströmung bei geringem Druckverlust. Das Salz, welches vor allem auf die innere Oberfläche des Trägermaterials aufgebracht wird, dient hauptsächlich zur Energiespeicherung. Durch die Herstellung derartiger Kompositmaterialien können die spezifischen Materialeigenschaften der Salze wie Speicherdichte und Lage des chemischen Gleichgewichts mit den Eigenschaften der Trägerstruktur kombiniert werden und so die gewünschten Eigenschaften insbesondere bezüglich der Fähigkeit zum Transport und der Vermeidung von Agglomeration erreicht werden.
Die durchgeführten Untersuchungen machen deutlich, dass die Speicherdichte von kommerziell erhältlichen Stoffen durch die Zugabe von Salzen gezielt beeinflußt werden können. Jedoch zeigen die Untersuchungen auch die Komplexität der Wechselwirkungen der einzenen Stoffe miteinander. Eine systematische Stoffuntersuchung zur Identifikation eines optimalen Speichermaterials ist notwendig. Ziel weiterer Materialuntersuchungen muss es sein, die vorhandenen Speichermaterialien hinsichtlich ihrer physikochemischen Eigenschaften weiter zu optimieren bei gleichzeitiger Reduktion der Herstellungskosten. Kompositmaterialien auf Basis von Salzen und kostengünstigen aktiven und passiven Trägermaterialien ist ein vielversprechender Ansatz. Forschung in diesem Bereich gewinnt auf nationaler und internationaler Ebene zunehmend an Dynamik und es wurden bereits beachtliche Ziele erreicht. Insbesondere auch dadurch, dass die thermochemische Energiespeicherung neben der Solarthermie für ein weites Spektrum von Anwendungen (stromgeführte KWK-Anlagen bis hin zur E-Mobilität) zunehmend interessant wird.
Laufzeit
06/2008 - 06/2012
Projektpartner
Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
Danksagung
Das Vorhaben CWS wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unter den Förderkennzeichen 0327468 gefördert und vom Projektträger Jülich (PtJ) verwaltet. Die Autoren danken für die Unterstützung und nehmen die Verantwortung für die Inhalte dieser Seite.
Ansprechpartner
Dr.-Ing. Henner Kerskes
Arbeitsgruppenleiter