Kurzbeschreibung
Im Rahmen des Kooperationsprojektes „AirWater“ wird eine Anlage entwickelt, die eine quasi-kontinuierliche (d.h. während der gesamten Sonnenscheindauer), solar-sorptive Wassergewinnung aus der Atmosphäre unter ausschließlicher Aufwendung solarer Energie ermöglicht. Die Hauptanwendung soll in ariden Gebieten erfolgen, in denen alternative Verfahren an ihre wirtschaftlichen und physikalischen Grenzen stoßen bzw. keine sichere Versorgung mit elektrischer Energie aus dem Netz gewährleistet ist.
Gemäß UN‐Weltwasserbericht 2020 besteht für rund 2,2 Milliarden Menschen kein Zugang zu sauberem Wasser. Demzufolge ist ca. ein Sechstel der Weltbevölkerung von gravierender Wasserknappheit betroffen. Besonders in entlegenen Regionen mit aridem und semihumidem Klima herrscht große Wasserknappheit. Der Wassergehalt der Luft in der gesamten Atmosphäre beträgt 13.000 km³. Davon sind zwar nur die erdnahen Luftschichten nutzbar, dennoch bietet dies ein großes Potential zur Trinkwassergewinnung, da diese Quelle überall zugänglich ist.
Um Wasserdampf aus der Atmosphäre zu kondensieren, muss der Taupunkt der Luft unterschritten werden. Bisher erforschte Konzepte dafür sind die nächtliche Strahlungskühlung gegen den Nachthimmel und die Kühlung von Luft bei Tag mittels elektrisch betriebener Kältemaschine. Letzteres wird von mehreren überwiegend (süd-)amerikanischen Firmen (u.a. Rayaqua, ATC und Tsunami) bereits kommerziell angeboten. In ariden Gebieten ist der Wassergehalt der Luft allerdings oft so gering, dass diese Verfahren entweder mit einem hohen apparativen und energetischen Aufwand verbunden oder durch einen zu geringen Taupunkt nicht umsetzbar sind. Aus diesem Grund beschäftigt sich das IGTE mit der sorptiven Wassergewinnung. Bisherige Konzepte dazu sind überwiegend auf natürlich vorkommende Änderungen der Umgebungsbedingungen u.a. aufgrund von Tag und Nacht angewiesen und können somit nur diskontinuierlich betrieben werden. Anlagen, die eine quasi-kontinuierliche Wassergewinnung ermöglichen, sind bisher auf geringe Wasserträge und Laborbedingungen begrenzt.
Zusammen mit den Projektpartnern HydroTec GmbH und Richter & Stegner Steuerungstechnik GmbH wird im Rahmen des Projektes eine Demonstrator-Anlage entwickelt und betrieben, die durch Adsorption und anschließende Desorption des Wassers eine Erhöhung des Wassergehaltes der Prozessluft ermöglicht. Auf diese Weise wird die Taupunkttemperatur über die Umgebungstemperatur angehoben. Im Vergleich zu anderen sorptionsbasierten Wassergewinnungskonzepten zirkuliert die Luft in einem geschlossenen Desorptionskreislauf, sodass das gesamte desorbierte Wasser für die Kondensation zur Verfügung steht und nicht ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird (s. Bild 1). Die Kondensation des Wassers findet durch Kühlung der Prozessluft mit Umgebungsluft in mehreren Wärmeübertragern statt. Dabei wird kein zusätzlicher elektrischer Kühlbedarf für das Abführen der Kondensationsenthalpie benötigt.
Der quasi-kontinuierliche Betrieb der Anlage wird mittels der örtlichen Entkopplung von Wärmeerzeugung und Desorption sowie den parallelen Betrieb von zwei Sorptionsbetten erreicht. Um den Druckverlust zu verringern, wurde dafür ein Reaktorkonzept mit radial durchströmten Schüttbetten aus Zeolithkugeln entwickelt. Während in einem Sorptionsbett die Adsorption stattfindet, läuft in dem anderen die Desorption ab. Durch mehrere Klappen kann gesteuert werden, in welchem Sorptionsbett welcher Prozess abläuft. Auf diese Weise können Adsorption und Desorption zeitgleich und mehrmals am Tag stattfinden. Die Größe der Anlage wurde ausgelegt, um 24,5 L pro Tag in zehn Stunden Sonnenscheindauer zu gewinnen. Dies entspricht der Versorgung von etwa sieben Personen mit der Mindestmenge von 3,5 L Trinkwasser pro Tag. Um von elektrischer Infrastruktur möglichst unabhängig zu sein, soll die Anlage ausschließlich mit solarer Energie betrieben werden.
Der Proof-of-Concept ist erfolgt. Unter den Umgebungsbedingungen in Stuttgart wurde bereits ein Zielerreichungsgrad von über 80 % erreicht. Weitere Ziele sind nun, Einflussgrößen zur Maximierung des täglichen Wasserertrages und Verbesserung der Gesamteffizienz zu identifizieren und die Anlage entsprechend weiterzuentwickeln. Bei den in den Anwendungsgebieten vorherrschenden Umgebungsbedingungen benötigen die kommerziell verfügbaren Systeme teilweise deutlich über 300 Wh pro erzeugtem Liter Wasser. Ein Ziel des Projektes ist es daher, einen geringeren Energiebedarf als 250 Wh pro Liter zu erreichen.
Laufzeit
01/2021 – 12/2024
Projektpartner
HydroTec Gesellschaft für ökologischeVerfahrenstechnik GmbH
Roland‐Dorschner‐Straße 5
95100 Selb
Richter & Stegner Steuerungstechnik GmbH
Grün 34
95195 Röslau
Kontakt
Dr.-Ing. Henner Kerskes
Arbeitsgruppenleiter