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Das Schweigen der Dämmer
André D. Thess
27. Januar 2022
Die Behauptung: Das Bundeswirtschaftsministerium hat in einer Mitteilung vom 24. Januar 2022 den Stopp der Förderung für energieeffiziente Gebäude durch die KfW bekanntgegeben. Dieser Schritt sorgte für lautstarke öffentliche Empörung. So schreibt Jeannine Budelmann in einem Gastbeitrag für die Wirtschaftwoche: „Herr Habeck, so vergiften Sie das Klima – statt es zu retten!“ und verweist auf 11.000 € für eine Energieberatung, die ihr Mann und sie „sinnlos vernichtet“ hätten.
Meine Analyse: Die Debatte bringt zwei Probleme aktueller Klimapolitik ans Tageslicht: Die Unberechenbarkeit staatlicher Subventionen und die Doppelmoral beim Thema Kunststoffabfälle.
Beginnen wir mit dem Ersten: Nach meinem Verständnis unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hat kein Bürger das moralische Recht, sein Lebens- oder Geschäftsmodell auf der dauerhaften Verfügbarkeit von Subventionen aufzubauen. So ärgerlich für Betroffene der Wegfall sein mag, liegt es nun einmal im Wesen der Demokratie, dass Parlamente und Regierungen jederzeit zur Einführung und Streichung von Subventionen berechtigt sind. Immerhin zeigt sich beim Wegfall der Subvention, ob die oft lautstark proklamierte „Verantwortung fürs Klima“ ernst gemeint ist. Hinter der Budelmannsche Klage wegen „sinnlose[r] Vernichtung“ von 11.000 € erkenne ich leider nur das Motto: „saving the world with other people’s money“.
Zum zweiten Aspekt: Es steht außer Zweifel, dass eine Dämmung bei ansonsten gleichen Nutzungsgewohnheiten den Gebäudeenergiebedarf senkt. Ich finde es allerdings bemerkenswert, dass der Kunststoffbedarf für Dämmung – anders als bei Strohhalmen – mit flächendeckendem Schweigen bedacht wird. Gemäß einem Bericht des Fraunhofer Institutes für Bauphysik (Bild 14 auf Seite 35) werden in Deutschland pro Jahr über 50.000 Tonnen Polystyrol-Hartschaumstoff (EPS) für Gebäudedämmung produziert. Diese müssen am Lebensende umweltgerecht entsorgt werden. Eine mit EU-Mitteln finanzierte Propagandaschrift der Organisation Seas at Risk schätzt den EU-Strohhalmverbrauch auf knapp 40 Milliarden Stück pro Jahr. Das entspräche ungefähr 8.000 Tonnen für Deutschland – Baupolystyrol schlägt mit der sechsfachen Menge zu Buche. Wo ist der Protest von Öffentlichkeit und NGOs zur Kunststofflawine der Gebäudedämmer? Auch die öffentliche Diskussion scheint von dem Problem kaum Notiz zu nehmen. Während eine Google-Suche nach dem Stichwort „Abfälle Strohhalm“ über eine Million Treffer liefert, kommen bei der Suche nach „Abfälle Gebäudedämmung“ nur reichlich 10.000 Ergebnisse. Wie ist das Schweigen der Dämmer zu erklären?
Mein Fazit: Der Förderstopp für Gebäudedämmung gibt Hausbesitzern die Möglichkeit, das Klima auf eigene statt auf Kosten des Steuerzahlers zu retten. Außerdem trägt er zur Vermeidung von Kunststoffabfall bei. In meinen Augen ein Beitrag zu Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de