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Energie-Koryphäen von Heute: AJ
André D. Thess
7. April 2022
Die Behauptung: Die Journalistin Annika Joeres (AJ) schreibt in einem Artikel für die ZEIT unter dem Titel „Veronika Wendland: Die Seitenwechslerin“ am 31. März 2022 über die Historikerin, Kernenergiebefürworterin und Twitter-Reporterin. Joeres bezeichnet Wendland als „umstrittene Aktivistin“ und schreibt weiter unten: „Von ihren zahlreichen Beiträgen auf der rechtspopulistischen Seite achgut.com distanziert sie sich inzwischen – über diesen Blog darf inzwischen gerichtlich verbrieft gesagt werden, dass sein Geschäftsmodell auf ‚Hetze und Falschbehauptungen‘ beruht.“
Meine Analyse: Es soll im Folgenden nicht darum gehen, ob die von AJ über Wendland getroffenen Aussagen korrekt sind. Wir wollen hier ausschließlich zwei Fragen erörtern – nach der fachlichen Qualifikation und nach der journalistischen Professionalität von AJ.
Beginnen wir mit der fachlichen Qualifikation für Energie- und Klimafragen. In ihrem Artikel „Fünf Gesetze, die wirklich das Klima retten“ vom 9. Oktober 2019 schreibt AJ unter anderem: „Die Idee: Klimaschädliches Verhalten, etwa Autofahren, massives Heizen oder das Kaufen von Plastikprodukten teurer zu machen“ [Hervorh. d. Verf.]. Dieser Satz offenbart die Abwesenheit energietechnischer und klimapolitischer Fachkompetenz. Der Kauf von Plastikprodukten kann zwar unter bestimmten Umständen Umweltschäden bewirken, aber die Klimaschädlichkeit ist im Vergleich zu anderen Industrieprozessen gering. Die Klimarelevanz der Produktion von Plastik rangiert weit hinter Industriematerialien wie Stahl, Beton und Aluminium, ganz zu schweigen von der Emission aus Kohlekraftwerken. Auf meine Anfrage von 27. 02. 2020 (8:13 Uhr) per E-Mail – mit der Bitte um Stellungnahme zu diesem Fehler – hat die Autorin bis heute nicht geantwortet.
Kommen wir nun zur journalistischen Professionalität. Zunächst ist festzustellen, dass die Beschreibung einer Person mit dem Adjektiv „umstritten“ unter seriösen Journalisten unüblich ist. Weiterhin ist bemerkenswert, dass AJ das Subjekt ihrer Berichterstattung mit Gerichtsurteilen in Verbindung bringt, ohne einen sachlichen Zusammenhang zwischen den öffentlichen Äußerungen von Wendland und dem Streitgegenstand des Gerichtsurteils herzustellen. Es liegt selbstverständlich voll und ganz im Rahmen der Pressefreiheit, beim Auftauchen eines Personennamens auf Gerichtsurteile zu verweisen. Ebenso wie es unter professionellen Journalisten als unangemessen gelten dürfte, gebetsmühlenartig zu betonen, dass beispielsweise eine deutsche Politikerin gemäß einem Urteil des Kammergerichts Berlin zeitweise als „altes grünes Dreckschwein“ bezeichnet werden durfte, ist es schwer vorstellbar, dass der von AJ hergestellte Zusammenhang zwischen Wendland und dem Streitgegenstand des Urteils des Oberlandesgerichts Dresden mit dem Grundsatz guten Journalismus in Einklang steht.
Mein Fazit: AJ verfügt weder über die fachlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Aussagen von Wendland zu Energie- und Klimapolitik, noch über die journalistische Professionalität, um sachlich und distanziert über die Historikerin zu berichten. Sie gibt sich vielmehr als Haltungsjournalistin zu erkennen und schädigt somit das Ansehen ihres Berufsstandes.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de