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Entlastungsversprechen
André D. Thess
28. April 2022
Die Behauptung: In zahlreichen Medien wird über das „milliardenschwere Entlastungspaket“ der Bundesregierung zur Abmilderung der hohen Energiepreise berichtet. In einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums heißt es einleitend: „Die Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben erhebliche Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.“ Danach werden die Maßnahmen – Energiepreispauschale, Kinderbonus und Benzinverbilligung – beschrieben und anderenorts auf die „Abschaffung“ der EEG-Umlage verwiesen. Neuerdings fordern Verbraucherverbände sogar eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.
Meine Analyse: Schon der zitierte Einleitungssatz ist ein Musterbeispiel für Falschinformation durch zweifaches Weglassen. Erstens wird verschwiegen, dass es sich nicht um abstrakte Auswirkungen, sondern um steigende Energiepreise handelt. Zweitens fehlt die wichtige Aussage, dass neben der Corona-Pandemie und dem Ukrainekrieg die von der Bundesregierung eingeführte CO2-Steuer, die EEG-Umlage und die von EU-Seite initiierten Änderungen der Gaslieferverträge mit Russland für die steigende Belastung der Bevölkerung verantwortlich sind.
Bei den „Entlastungsmaßnahmen“ handelt es sich überwiegend um die Umetikettierung vorhandener oder um die Einführung neuer Subventionen. Der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hat einmal sinngemäß gesagt, es sei einfacher, ein Rührei in ein Spiegelei zu verwandeln, als den deutschen Subventionsdschungel zu lichten. Vor diesem Hintergrund ist es – ungeachtet der geringen Realisierungschancen – erhellend, sich einige glaubwürdige Entlastungsmöglichkeiten durch Subventionsabbau vor Augen zu führen.
Die EEG-Umlage hat in jüngster Zeit eine Höhe von etwa 25 Milliarden Euro pro Jahr erreicht. Wie der Ökonom Hans-Werner Sinn in zahlreichen Stellungnahmen erläutert, trägt das EEG wegen der Einbindung Deutschlands in den EU-Emissionshandel kaum zur Reduktion der CO2-Emissionen bei. Das EEG belastet alle privaten Stromkunden und privilegiert solvente Hausbesitzer sowie Betreiber erneuerbarer Energieanlagen. Bei der von der Bundesregierung angekündigten „Abschaffung“ des EEG handelt es sich in Wirklichkeit nicht um eine Abschaffung, sondern um eine Umetikettierung, denn die Subventionen sollen in Zukunft aus dem Staatshaushalt bezahlt werden. Eine wirksame und klimapolitisch unschädliche Maßnahme wäre deshalb die sofortige, ersatzlose und vollständige Abschaffung des EEG. Schon allein dadurch würden jedem Bürger rein rechnerisch 300 Euro pro Jahr zusätzlich zur Verfügung stehen – für eine Familie wäre dies mehr als die angekündigte Energiepauschale.
Weitere Entlastungen der Steuerzahler wären die Abschaffung der Subvention von Elektroautos (seit 2016 knapp 5 Mrd. Euro) und die Streichung des Dienstwagensteuerprivilegs (gemäß Umweltbundesamt über 3 Mrd. Euro pro Jahr).
Zu den letzten Welträtseln gehört für mich übrigens nicht nur der Ursprung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Trüffel. Mir ist auch unerklärlich, wieso in dem zur Hälfte aus übergewichtigen Erwachsenen bestehenden Deutschland ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel gilt.
Mein Fazit: Beim angekündigten Entlastungspaket handelt es sich um eine Ausweitung des deutschen Subventionsunwesens. Glaubwürdige Entlastung der Bevölkerung würde nicht auf die Ausweitung, sondern auf die Abschaffung von Subventionen setzen.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de