Energiewendemärchen der Woche 36-2021

Wahlversprechen 6/6: AfD

Sechs Wahlversprechen im Schnelltest:

Teil 6 – AfD

André D. Thess

9. September 2021

 

Vorbemerkung: Die Serie analysiert die Stimmigkeit ausgewählter Versprechen aus den Bundestagswahlprogrammen einzelner Parteien. Die Analysen beinhalten keinen Vergleich von Parteien untereinander. Sie stellen insbesondere keine Wahlempfehlungen dar.

 

Das Wahlversprechen: In ihrem Bundestagswahlprogramm schreibt die AfD: „Für die Sicherstellung der Energieversorgung benötigen wir weitere flexible Gaskraftwerke. Dazu ist die Gasversorgung durch die Fertigstellung des Projektes Nord Stream 2 zu sichern.“

Meine Analyse: Das Wahlversprechen steht im Widerspruch zu zwei Kernaussagen der Partei – dem Verzicht auf „Klimaplanwirtschaft“ und der Berücksichtigung von Sicherheitsinteressen europäischer Staaten.

So kritisiert die stellvertretende Bundessprecherin Alice Weidel in einer Presseerklärung unter dem Titel „Subventionsbericht zeigt Marktverzerrung durch Klimaplanwirtschaft“ die Klimapolitik der Bundesregierung. Die technologiespezifische Forderung „benötigen wir weitere flexible Gaskraftwerke“ unterscheidet sich allerdings nicht grundlegend von anderen technologiespezifischen Maßnahmen der Regierungskoalition. Mit ihrer Formulierung zu Gaskraftwerken fordert die Partei die „Klimaplanwirtschaft“, die sie an anderer Stelle kritisiert.

Weiterhin schreibt die Partei in ihrem Wahlprogramm auf Seite 62: „Eine stabile europäische Friedensordnung bedarf einer ausgewogenen Zusammenarbeit sowohl mit den USA als auch mit Russland. Dabei sind die legitimen Sicherheitsinteressen aller europäischen Staaten zu berücksichtigen.“ [Hervorh. d. Verf.] Der Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 beeinträchtigt die Interessen unseres Nachbarlandes und NATO-Mitglieds Polen. Das Plädoyer für Nord Stream 2 passt insofern nicht so recht zum außenpolitischen Programm der Partei.

Abgesehen von den beiden genannten Argumenten sei auf einen Artikel von Jewgenia Tschirikowa über die Umweltschäden durch Nord Stream 2 und die Verfolgung der indigenen Völker von Jamal verwiesen.

Mein Fazit: Die Forderung nach dem Bau der Pipeline Nord Stream 2 widerspricht sowohl der Kritik der AfD an vermeintlicher „Klimaplanwirtschaft“ der Bundesregierung als auch der Betonung der Interessen europäischer Länder.

Meine Empfehlung: Fragen Sie die AfD-Abgeordneten Ihres Wahlkreises: (1) Ist die Fokussierung auf Gaskraftwerke nicht die „Klimaplanwirtschaft“, die Sie selbst oft kritisieren? (2) Wie passt die Forderung nach Nord Stream 2 zur Wahrung der Interessen unseres Nachbarlandes und NATO-Mitglieds Polen? (3) Wie stehen Sie zu der von der russischen Bürgerrechtlerin in ihrem Artikel für Tichys Einblick vom 19. November 2019 kritisierten Streckenführung durch das Naturschutzgebiet Kurgalsky?

 

Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de Die Texte dürfen mit Autorenangabe frei verbreitet und nachgedruckt werden.

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