Energiewendemärchen der Woche 43-2021

Alternativlose Endlagerung?

Alternativlose Endlagerung?

André D. Thess

28. Oktober 2021


Die Behauptung
: Im „Abschlussbericht der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ schreibt die Kommission über ihre Aufgabenstellung: „Aufgabe der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe war es, die Auswahl eines Standorts vorzubereiten, der für die Lagerung insbesondere hoch radioaktiver Abfälle ,die
bestmögliche Sicherheit für eine Millionen Jahre gewährleistet‘.“ [Hervorh. d. Verf.]

Meine Analyse: Die Lagerung von Abfall aus Kernkraftwerken für eine Million Jahre – im Volksmund oft als Endlagerung bezeichnet – ist nur eine von mehreren Möglichkeiten des Umgangs mit radioaktivem Material aus Kernkraftwerken. Alternativen hierzu sind die Zwischenlagerung in Ingenieurbauwerken über eintausend Jahre sowie der Übergang zu alternativen Kraftwerkstechnologien wie dem schnellen Brutreaktor.

Der 624 Seiten umfassende Kommissonsbericht widmet der Alternative „Zwischenlagerung“ ganze 180 Zeichen: „Auf sehr langfristig stabile gesellschaftliche Strukturen, die oberflächennah gelagerte radioaktive Abfälle auf Dauer sicher warten könnten, kann man nicht in gleicher Weise bauen.“  Daran wird erkennbar, dass Kommission in ihrem Bericht keine ernsthafte Abwägung zwischen unterschiedlichen Optionen getroffen hat, sondern eine politische Vorgabe umgesetzt.

Die oberirdische Zwischenlagerung in speziell angelegten Gebäuden für einen Zeitraum von einigen tausend Jahren besitzt den Vorteil, dass der Atommüll dank technologischer Fortschritte in Zukunft verarbeitet werden kann. Oft wird ins Feld geführt, eine Lagerung über einen so langen Zeitraum sei schwer zu dokumentieren und es fehlten dazu geeignete Bautechnologien. Jeder Tourist, der sich an die Wirkungsstätte von Thales von Milet begibt, wird allerdings feststellen können, dass das das dortige aus Natursteinen gebaute Theater (Alter 2000 Jahre) heute noch existiert und die Schrifttafeln lesbar sind. Wäre Thales Kernkraftwerkstechniker gewesen, hätte er uns seine Instruktionen problemlos übermitteln können.

Mein Fazit: Endlagerung von atomarem Abfall ist keineswegs alternativlos. Die Zwischenlagerung als technisch machbare Alternative sollte deshalb als gleichwertige Option in Betracht gezogen werden.

 

Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de

Zum Seitenanfang