Rainer Baakes klimaschonende Weltreise
André D. Thess
1. Juli 2021
Die Behauptung: Rainer Baake, seit Juli 2020 Direktor der Stiftung Klimaneutralität, berichtete der Zeitung taz in einem Interview am 19. Juli 2020 über seine Weltreise im SUV. Auf die Frage nach der Klimaverträglichkeit antwortete er: „Unterm Strich haben wir unseren CO2-Fußabdruck im Vergleich zum Leben in Deutschland nicht erhöht.“
Meine Analyse: Jeder Deutsche emittiert pro Jahr etwa zehn Tonnen CO2. Im Sachbuch „Sustainable Energy: Without the Hot Air“ (kostenlos verfügbar hier) erklärt der Physiker David MacKay, dass sich unser Energiebedarf zu etwa je einem Drittel aus Mobilität, Wärme/Licht sowie Nahrung/Konsumgütern zusammensetzt. Diese grobe Dreiteilung spiegelt sich auch im CO2-Ausstoß wider. Ich fokussiere meine Analyse auf die 10/3»3,3 Tonnen Mobilitätsemissionen, die zum Hauptteil aus 15.000 Pkw-Kilometern pro Jahr stammen. Auf meine Anfrage vom 23. Juni 2021 nach Wegstrecke und SUV-Marke hat Baake nicht reagiert. Deshalb beruhen die folgenden Zahlen auf Schätzungen. Da Geländewagen sowohl in der Herstellung als auch im Betrieb deutlich mehr CO2 emittieren als Pkw, gehe ich für jedes Jahr der dreijährigen Weltreise von einer Emissionsverdopplung von 3,3 auf 6,6 Tonnen aus. Der Schiffstransport des Baake-SUV zwischen den Kontinenten – etwas CO2-ärmer als vier Kreuzfahrten – ist eingerechnet. Bei einer Flugstrecke zwischen den Kontinenten von geschätzten 50.000 km verbrannte das Ehepaar Baake etwa 4.000 Liter Kerosin. Ohne Klimakorrektur setzte es pro Person und Jahr 1,6 Tonnen, mit Klimakorrektur effektiv 3,2 Tonnen CO2 frei. Somit liegt Baakes mobilitätsbedingte CO2-Emission in jedem der drei Weltreisejahre in einem Korridor zwischen 6,6 + 1,6 = 8,2 und 6,6 + 3,2 = 9,8 Tonnen CO2 und füllt das deutsche Jahresbudget schon fast aus. Da Baakes Domizil und Büro auch in Abwesenheit teilweise beheizt werden müssen, dürften die CO2-Emissionen für Wärme und Strom bestenfalls auf die Hälfte absinken, sagen wir auf 1,6 Tonnen. Gleiches gilt für Nahrung und Konsumgüter, für die ich ebenfalls 1,6 Tonnen schätze. Insgesamt liegt Baakes CO2-Bilanz pro Weltreisejahr somit nach meiner Schätzung zwischen 11,4 und 13 Tonnen. Das sind 114 % beziehungsweise 130 % der deutschen Durchschnittsemission. Baakes Aussage „Wir […] haben zwei Jahre lang im Dachzelt geschlafen und fast keine Güter konsumiert.“ ist mithin bedeutungslos.
Mein Fazit: Ein Klimadenkfabrikdirektor auf Weltreise im SUV ist ungefähr so glaubwürdig wie ein kettenrauchender Lungenarzt.
Der Autor: André D. Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Autor des Buches „Sieben Energiewendemärchen?“ Kontakt: energiewendemaerchen@t-online.de